Mittwoch, 10. Oktober 2012

Prinz Louis Ferdinand von Preußen

Jean-Laurent Mosnier, Prinz Louis Ferdinand von Preußen

Theodor Fontane

Prinz Louis Ferdinand

Sechs Fuß hoch aufgeschossen,
Ein Kriegsgott anzuschaun,
Der Liebling der Genossen,
Der Abgott schöner Fraun,
Blauäugig, blond verwegen
Und in der jungen Hand
Den alten Preußen-Degen -
Prinz Louis Ferdinand.

Die Generalitäten
Kopfschütteln früh und spät,
Sie räuspern sich und treten
Vor Seine Majestät,
Sie sprechen: „nicht zu dulden
Ist dieser Lebenslauf,
Die Mädchen und die Schulden
Zehren den Prinzen auf.“

Der König drauf mit Lachen:
„Dank schön, ich wußt’ es schon;
Es gilt ihn kirr zu machen,
Drum: Festungs-Garnison;
Er muß in die Provinzen
Und nicht länger hier verziehn,
Nach Magdeburg mit dem Prinzen
Und nie Urlaub nach Berlin.“

Der Prinz vernimmt die Märe,
Saß eben bei seinem Schatz:
„Nach Magdeburg, auf Ehre
Das ist ein schlimmer Platz!“
Er meldet sich am Orte
Und es spricht der General:
„„Täglich elf Uhr zum Rapporte
Ein für allemal!““

O Prinz, das will nicht munden,
Doch denkt er: „sei gescheit,
Volle vierundzwanzig Stunden
Sind eine hübsche Zeit,
Relais, viermal verschnaufen,
Auf dem Sattel Nachtquartier,
Und kann’s ein Pferd nicht laufen
So laufen’s ihrer vier.“

Hinfliegt er wie die Schwalben,
Fünf Meilen ist Station,
Vom Braunen auf den Falben,
Das ist die Havel schon,
Vom Rappen auf den Schimmel,
Nun faßt die Sehnsucht ihn,
Drei Meilen noch - hilf Himmel,
Prinz Louis in Berlin.

Gegeben und genommen
Wird einer Stunde Glück,
Dann, flugs wie er gekommen,
Im Fluge geht's zurück,
Elf Uhr am andern Tage
Hält er am alten Ort,
Und mit dem Glockenschlage
Da steht er zum Rapport. -

Das war nur bloßes Reiten,
Doch wer so reiten kann,
Der ist in rechten Zeiten
Auch wohl der rechte Mann;
Schon über Thal und Hügel
Stürmt ostwärts der Koloß, -
Prinz Louis sitzt am Flügel
Im Rudolstädter Schloß.

Es blitzt der Saal von Kerzen,
Zwölf Lichter um ihn stehn,
Nacht ist’s in seinem Herzen,
Und Nacht nur kann er sehn,
Die Töne schwellen, rauschen,
Es klingt wie Lieb und Haß,
Die Damen stehn und lauschen
Und was er spielt ist das:

„Zu spät zu Kampf und Beten,
Der Feinde Rosses-Huf
Wird über Nacht zertreten,
Was ein Jahrhundert schuf,
Ich seh es fallen, enden,
Und wie alles zusammenbricht,
Ich kann den Tag nicht wenden,
Aber leben will ich ihn nicht.“

Und als das Wort verklungen,
Rollt Donner schon der Schlacht,
Er hat sich aufgeschwungen,
Und sein Herze noch einmal lacht,
Voraus den andern allen
Er stolz zusammenbrach,
Prinz Louis war gefallen
Und Preußen fiel - ihm nach.


Louis Ferdinand, Prinz von Preußen - Quartett f-Moll op. 6

Natürlich ist es beeindruckend, daß jemand mehr als 12 „Bouteillen“ Champagner am Tag ohne Ausfallerscheinungen zu konsumieren vermag. Dies wird gern zu Prinz Louis Ferdinand von Preußen angemerkt, der am 10. Oktober 1806 in einem Gefecht bei Saalfeld fiel, vier Tage vor der verhängisvollen Schlacht bei Jena und Auerstedt.

Der Prinz, ein Neffe Friedrichs des Großen (sein Vater August Ferdinand war dessen jüngster Bruder), muß eine außergewöhnliche Erscheinung gewesen sein, kultiviert, verwegen, liebenswürdig. Er hat komponiert, war ein beliebter Gesprächspartner und trank am Ende zuviel, was, bei nüchternem Verstand betrachtet, aber auch einfach nur bedeuten kann, daß er den ihm bestimmten Platz anders nicht mehr auszuhalten vermochte.

Es gibt mehr als einen Hohenzollernabkömmling, der geistig herausragte, eine Tatsache, die manchem nicht gefällt, dieser hatte das Unglück, daß seine Begabungen nicht Zeit, Ort und Aufgabe fanden. Nur ein wenig Musik blieb übrig, Bilder und ein paar freundliche Bemerkungen (von Rahel Varnhagen von Ense etwa, oder Theodor Fontane, siehe oben).


Louis Ferdinand, Prinz von Preußen - Rondo für Klavier und Orchester, E-Dur op. 13
nachgetragen am  12. Oktober

1 Kommentar:

Brettenbacher hat gesagt…

Und doch, trotz allem, eine Wohltat
ist's, von solchem Manne zu hören
in diesen verdrucksten Zeiten voller beflissenen Verwischten.