Mittwoch, 8. September 2010

Über die Geburt der Hl. Jungfrau

Domenico Beccafumi; Maria Geburt, Detail
hier gefunden

Von alters her wird heute das Fest Mariä Geburt begangen. Wahrscheinlich entstand es aus dem Kirchweihfest der St.-Anna-Kirche in Jerusalem, einer der Orte, der sich mit der Überlieferung von der Geburt Mariens verbunden hat. Bereits Papst Sergius (687-701) nennt es als eines der vier Marienfeste, die in Rom gefeiert werden.

Von diesem Datum her erklärt sich auch das „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ am 8. Dezember, das von der katholischen Kirche begangen wird. Es ist das bekanntere der Marienfeste, spätestens seit dem von Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 verkündeten Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens:

„Zur Ehre der Heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit, zur Zierde und Verherrlichung der jungfräulichen Gottesgebärerin, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zum Wachstum der christlichen Religion, in der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklären, verkünden und bestimmen Wir in Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und in Unserer eigenen: Die Lehre, daß die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Fehl der Erbsünde rein bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft zu glauben. Wenn sich deshalb jemand, was Gott verhüte, anmaßt, anders zu denken, als es von Uns bestimmt wurde, so soll er klar wissen, daß er durch eigenen Urteilsspruch verurteilt ist, daß er an seinem Glauben Schiffbruch litt und von der Einheit der Kirche abfiel …“

Man muß nicht eigens erläutern, daß die Marienverehrung zu den Dingen gehört, die Protestanten eher von der katholischen Kirche trennen, und dieses Dogma mag das befördert haben. Daß Maria heilig, also frei von der Erbsünde geboren wurde, wird von diesen eben nicht geglaubt. Aber, um diese kleine Abschweifung zuzulassen, da ich mich nun einmal noch als Lutheraner fühle, so eindeutig ist das Verhältnis zu ihr gar nicht. Soweit die evangelische Kirche ihre Bekenntnisschriften ernst nimmt (es ist heutzutage unklar, wie weit das der Fall ist), müßte sie schon erläutern, was es denn bedeutet, wenn es etwa in der Confessio Augustana von 1530 heißt: “Item, es wird gelehrt, daß Gott der Sohn sei Mensch worden, geboren aus der reinen Jungfrau Maria …“

Oder in der Konkordienformel (Epitome VIII.7): „Daher glauben, lehren und bekennen wir, daß Maria … den wahrhaftigen Sohn Gottes empfangen und geboren habe, darum sie auch recht die Mutter Gottes genennet wird und auch wahrhaftig ist.“ Kein Wunder steht (oder stand) doch der Protestantismus auch in der Tradition der Ökumenischen Konzilien und der dort gefundenen Glaubenssätze.

Martin Luther schreibt in seiner wunderbaren Auslegung des Magnificat über Maria: „Es will auch im Herzen bedacht sein, was das sei, Gottes Mutter sein.“ Und zuvor: „Die großen Dinge sind nichts anderes, als daß sie Gottes Mutter geworden ist, in welchem Werk ihr so viele und große Güter gegeben sind, daß niemand sie begreifen kann. Denn da folget alle Ehre, alle Seligkeit, und daß sie im ganzen menschlichen Geschlecht eine einzigartige Person ist über alle, der niemand (darin) gleich ist, daß sie mit dem himmlischen Vater ein Kind, und ein solches Kind hat. Und sie selbst kann ihm keinen Namen geben vor überschwänglicher Größe und muß es dabei bleiben lassen, daß sie heraus brünstet und schäumt, es seien große Dinge, die nicht auszureden seien noch zu messen. Darum hat man in einem Wort alle ihre Ehre begriffen, so man sie Gottes Mutter nennet. Es kann niemand Größeres von ihr noch zu ihr sagen, wenn er gleich so viel Zeugen hätte wie Laub und Gras, Sterne am Himmel und Sand im Meer ist."

Nur als ein Hinweis, eine gut lesbare und ans heutige Deutsch angeglichene Zusammenfassung von Luthers Auslegung findet sich hier. Um einmal mit einem Zitat dieser Fassung zu folgen: Luther sagt, Maria wolle, “daß Gott in ihr gelobt sei, und will durch sich jedermann zu unerschütterlichem Vertrauen in Gottes Gnade bringen“. Und weiter:

„Und dabei sollte sie – und wollte sie auch gerne selbst –das herausragende Beispiel der Gnade Gottes sein, um alle Welt zur Zuversicht in Gottes Gnade und zu Liebe und Lob gegen ihn zu reizen, so daß alle Herzen durch sie die Erwartung gegen Gott finden, die mit aller Zuversicht sagt: O, du selige Jungfrau und Mutter Gottes! Wie hat uns Gott in dir einen so großen Trost erwiesen, weil er deine Unwürdigkeit und Nichtigkeit so voller Gnade angesehen hat. Dadurch werden wir ermahnt, er werde hinfort uns arme, nichtige Menschen, deinem Beispiel gleich, auch nicht verachten, sondern in Gnaden ansehen.“

Ich muß gestehen, mir sind die Glaubenssätze, mit denen die katholische Kirche Maria heraushebt, nicht völlig fremd, machen sie doch das Besondere ihres Wesens deutlich. Sie, die selbst voller Demut und voll von bedingungslosem Glauben war und sicher von ihrer Umwelt nicht sonderlich geachtet wurde (wenn wir einmal die Umstände von Jesu Geburt mit anderen Augen sehen), die von sich so gering dachte, wurde zur Brücke zwischen der Menschheit und Gott, allein aus der Festigkeit ihres Glaubens. Zur Brücke, über die hinweg Gottes Sohn zur Menschheit kam und Mensch wurde. Maria ist die Brücke, über die ihr Sohn zu schreiten vermag, um die Welt zu erlösen. Und über die Menschen zu Gott finden können, sie selbst wollte nichts anderes sein, nur diese Mittlerin.

Papst Johannes Paul II. hat übrigens selbst einmal Luthers Auslegung des Magnificats zitiert (während einer Audienz am 21. März 2001):

"The visit to Elizabeth is sealed by the canticle of the Magnificat, a hymn that has come down through all Christian centuries as a perennial melody: a hymn that unites the hearts of Christ's disciples beyond the historical divisions, which we are committed to overcoming in view of full communion. In this ecumenical atmosphere, it is good to remember that in 1521 Martin Luther devoted a famous commentary to this ‘holy canticle of the Blessed Mother of God’, as he expressed it.

In it he says that the hymn 'must be learned well and remembered by all', because 'in the Magnificat Mary teaches us how we should love and praise God.... She wants to be the greatest example of God's grace in order to spur everyone to have trust and to praise divine grace.'”

Und so wollen wir mit einem Stück enden, in dem dieser die Heilige Jungfrau preist.


Marienantiphon aus der Liturgie zum Abendgebet, Rom, 8. Dezember 1982 /
Vers aus dem Halleluja der dritten Weihnachtsmesse
aus „Abbà Pater“, einer Produktion über Johannes Paul II. von 1999
hier gefunden

Mutter aller Völker

Erhab’ne Mutter des Erlösers, du allzeit offene
Pforte des Himmels
und Stern des Meeres.
Komm, hilf deinem Volke,
das sich müht, vom Falle aufzusteh’n.
Du hast geboren, der Natur zum Staunen,
deinen heiligen Schöpfer.

Ein Licht strahlt heute über uns auf…

Unberührte Jungfrau, die du aus Gabriels Mund
nahmst das selige Ave, o erbarme dich der Sünder.

Ein Licht strahlt heute über uns auf…

Laß die Welt aufersteh’n!
Hilf dem Menschen aus der Sünde aufzuersteh‘n!
Du bist jene, die Gott geboren hat!
Du bist jene, die der Welt
den menschgewordenen Gott geschenkt hat.

6 Kommentare:

Walter A. Aue hat gesagt…

Interessant. Ich war zur Verkuendigung damals im Petersdom, aber den Text kannte ich nicht.

Zum Beispiel, "Wenn sich deshalb jemand, was Gott verhüte, anmaßt, anders zu denken, als es von Uns bestimmt wurde [my italics], so soll er klar wissen, daß er durch eigenen Urteilsspruch verurteilt ist, daß er an seinem Glauben Schiffbruch litt und von der Einheit der Kirche abfiel …“.

Nicht ganz die Demut der Gottesmutter gegenueber dem Leib Christi (dem Kirchenvolke) wiederspiegelnd, aber auch nicht ganz unerwartet...

MartininBroda hat gesagt…

Trotz des Zitats gehe ich scharfsinnigerweise davon aus, daß Sie nicht 1854 meinen. Nun Pius IX. war schon ein besonderer Papst, schließlich hat er die päpstliche Unfehlbarkeit entdeckt. Da ließe sich vieles sagen, aber ich gestehe, ich habe eine Schwäche für seinen Syllabus errorum.

Walter A. Aue hat gesagt…

Oh mei! Mea maxima culpa! Wie wird's mit dem Ueberlesen werden, wenn ich wirklich einmal so alt bin?

Naja, Sie wissen's ohnehin: Bei mir war's Pius XII und der 1. November im anno santo 1950...

Im Petersdom soll man eben nicht mit Steinen werfen...

Wie dieser Stab in meiner Hand sich nie mehr schmueckt mit frischem Gruen...

MartininBroda hat gesagt…

Also daß Sie bei der Verkündigung des Dogmas von der "Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel" dabei waren, in der Tat am 1. November 1950 durch Papst Pius XII. vorgenommen, das ist mehr als beeindruckend, fast hätte ich gesagt, Sie müßten unbedingt einen Post darüber machen, aber leider...
Ich stochere gerade etwas in den Dingen, über die zu schreiben lohnen würde, vermutlich gibt es ein Ergebnis.

Anonym hat gesagt…

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