Sonntag, 30. Juni 2013

Sonntag &


Die Wege des Lebens sind wechselhaft; nun, das ist eine Plattitüde, aber wenn man diese Wechselhaftigkeit gerade stark erlebt, klingt es irgendwie bedeutsam. Aber wir wollen uns noch einmal dem letzten Sonntag widmen. Es war dann doch nicht das letzte Sonntags-Essen an diesem Ort, vielleicht das vorletzte, wir werden sehen.

Auf den folgenden Bildern sieht man ein kleines Brathuhn, das sich meine Frau Mutter nach ihrem Gusto zurechtmachen konnte, ich glaube, die beiden Bestandteile, die dem Vogel lediglich hinzugefügt wurden, waren Butterschmalz und Salz.

Das Dunkle ist ein Rinderbraten, den Tag zuvor eingelegt in Öl, Balsamico-Essig, Rotwein und Rosmarin, später scharf angebraten und im Ofen weitergeschmort, ebenfalls mit Rosmarin und Rotwein, etwas Butterschmalz und frischem Pfeffer. Dazu geschmorte Mohrrüben und der wohl letzte Spargel für dieses Jahr. Es war eher kühl und windig, daher steht der Strauß aus dem Garten im offenen Fenster, und das Essen fand im Haus statt. Das dazu.



Die nächsten Bilder bedürften einiger Erklärungen, die für heute aber nur sparsam ausfallen werden. Zunächst, hinter den Säulen des folgenden Bildes werden wohl irgendwann im Laufe dieses Monats neue Beiträge u.a. für diesen Ort geschrieben werden. 


Darauf eine Gesamtaufnahme des Marienpalais in Neustrelitz, das einmal eine beschauliche Residenzstadt war, wovon einige steinerne Erinnerungen überdauert haben. Das Palais wurde für die Großherzogin Marie nach 1850 durch ihren Gatten, den Großherzogs Georg erbaut. Später beherbergte es u.a. eine höhere Schule, es befindet sich jetzt in Privatbesitz.


Es folgt ein Eindruck vom Treppenhaus, auf der rechten Seite führt der Weg in die Wohnung, die es dann wohl sein wird; zu der diese beschauliche Terrasse gehört, von der man direkt auf die ehemalige Schloßkirche schaut, übrigens das Hauptwerk von Friedrich Wilhelm Buttel, über den ich längst einen längeren Beitrag bringen wollte. Eine kuriose Wendung in der Tat.




Die Verknotungen der letzten Jahre und insonderheit Wochen finden offenbar eine überraschende Pointe; es wäre keine Auflösung, aber doch eine Veränderung. Die Oberfläche der Bilder mag ein wenig mondäner wirken als es der Wirklichkeit entspricht, aber eine angenehme Oberfläche ist kein übler Anfang. Und um einfach so mit Oscar Wilde zu enden

„Die Leute sagen manchmal, Schönheit sei oberflächlich. Das mag sein. Aber zumindest ist sie nicht so oberflächlich wie das Denken.“

nachgetragen am 2. Juli

Sonntag, 23. Juni 2013

Sonntag &


Ein bekanntes Rezept, leicht variiert. Lachs, zunächst geschlossen im Ofen geschmort mit Thymian und Dill auf Butterschmalz, dann mit Weißwein abgelöscht und offen zu Ende gebracht, damit es auch ein wenig Farbe bekommt. Vom Sud später eine Sauce. Blumenkohl mit Muskat und brauner Butter. Das zum verspäteten Sonntags-Essen-Bericht.


Vermutlich das vorletzte Sonntagsessen an diesem Ort. Nostalgie? Weniger. Eher die Frage, wie, warum und wofür der Faden weiterzuspinnen wäre. Dieser kurze Beitrag wird am Dienstagabend geschrieben, und morgen ist zu entscheiden, ob in einem eher abgelegenen Haus zwischen einem Kiessee und dem größten städtischen Friedhof oder einer Wohnung in einem herzoglichen Palais in einer benachbarten Stadt, die einmal die Residenz dieses kleinen Landes war, alles irgendwie weitergehen soll. Wir werden sehen.


Ich dachte, an dieser Stelle sollte etwas folgen, das nach Filmmusik klingt, nun bitte:

Ludovico Einaudi - Exit

Ludovico Einaudi - The Earth Prelude

nachgetragen am  25. Juni

Freitag, 21. Juni 2013

Über Beutestücke

aus dem "Schatz des Priamos", heute im Puschkin Museum, Moskau

Bekanntlich neige ich nicht dazu, die Gegenwart kommentieren zu wollen, aber soviel Chuzpe wie eben, so lautet wohl das Wort dafür, die läßt einem doch keine andere Wahl.

Als das damals Sowjetunion genannte Rußland vor 68 Jahren den Krieg gegen das Deutsche Reich gewann – lassen wir einmal alle abgeforderten Begleitformeln, selbst die vielleicht berechtigten, beiseite – da genoß es diesen Sieg, wie es seit Jahrtausenden der Brauch ist, Annektierung von Land, Inbesitznahme von Menschen und Dingen, die von Wert scheinen, eben auch Kunstwerken. So entstand u.a. das Thema der sogenannten „Beutekunst“, das nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder zur praktischen Frage wurde.

Zufälligerweise weiß ich, daß damals, als Deutschland vor allem ein erweitertes Westdeutschland mit all seinen neueren Prägungen war, ziemlich viel bei deren möglicher Rückgewinnung durch bürokratische Arroganz versemmelt wurde, das war in der Vor-Putin-Ära. Aber über vergossene Milch zu lamentieren...

Ich halte der Kanzlerin zugute, daß sie bei diesem Thema nicht eingeknickt ist. Ich bin wahrlich nicht ihr größter Fan, aber zu ihrem Amt gehört nun einmal, die Rechte des Landes zu vertreten  das sie repräsentiert. Das hat sie, glaube ich, gerade getan.

Den heutigen Abendnachrichten entnehme ich, daß Frau Merkel nun doch, nachdem man ihr dies zunächst zu verwehren suchte, „eine Bronzezeit-Ausstellung mit viel Beutekunst in St. Petersburg eröffnet“ hat, mit einer Rede, gemeinsam mit Herrn Putin. "Wir sind der Meinung, dass diese Ausstellungsstücke wieder zurück nach Deutschland kommen sollten", habe sie gesagt, und bezog sich dabei auf die 600 geraubten Exponate, die nun erstmals in der Ausstellung in der Eremitage gezeigt werden.

Putin habe erwidert, man solle bei dem Thema aufhören, gegenseitig Forderungen zu einer Rückübertragung zu erheben. Ansonsten würde die Türkei auch die Herausgabe der Schliemann-Schätze aus Deutschland fordern können. Und allein das war der Punkt, warum ich mich dieses kurzen Einwurfs nicht erwehren konnte. Denn der Schatz des Priamos (auch bekannt als Gold von Troja) von Heinrich Schliemann, einem Mecklenburger Landsmann in Troja entdeckt, befindet sich derzeit wo? Wie inzwischen offiziell zugegeben? Nun in Rußland!

Sophia Schliemann mit Schmuck aus dem "Schatz des Priamos"

Und wenn man sich so gewiß ist, daß all dies längst „mit dem Blut sowjetischer Soldaten bezahlt" worden sei und daher rechtmäßig in Besitz genommen, warum mußte man dann diese doch so offenbare Tatsache über Jahrzehnte verleugnen?

Was einem an diesem gegenwärtigen Rußland so unangenehm aufstößt, ist diese Unaufrichtigkeit, ja Dreistigkeit, die weit über das hinausgeht, was politisch erwartbar und auch bei anderen lichten Gestalten wie einem gewissen amerikanischen Präsidenten vorzufinden ist. So hat mir also Herr Putin Frau Merkel sympathischer gemacht, keine geringe Leistung.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Zwischendurch - Bilder &


Wo nun dieser Ort also sicher verdämmert, erneut ein paar Bilder davon. Daß sie sich verzögert haben, hängt wirklich nur daran, daß das Wetter in seiner Mischung aus Gewitterbedrückung und zuvor geisttötender Hitze einfach ein wenig zuviel war. Später gibt es noch etwas Fontane, ein gern benutztes Gedicht von ihm, aber dennoch. Und das Bild des Jasmins vor dem grenzenlos erscheinenden Weiß -Blau des Himmels, muß ich seinen Duft beschreiben? Eine schöne Illustration der Unendlichkeit, nicht  wahr?


Theodor Fontane

Trost

Tröste dich, die Stunden eilen,
Und was all dich drücken mag,
Auch das Schlimmste kann nicht weilen,
Und es kommt ein andrer Tag.

In dem ew’gen Kommen, Schwinden,
Wie der Schmerz liegt auch das Glück,
Und auch heitre Bilder finden
Ihren Weg zu dir zurück.

Harre, hoffe. Nicht vergebens
Zählest du der Stunden Schlag,
Wechsel ist das Los des Lebens,
Und - es kommt ein andrer Tag.





nachgetragen am 22. Juni

Sonntag, 16. Juni 2013

Sonntag &




Nachdem ich gestern Abend gewissermaßen über dem aufregenden Bericht von unserem Sonntagsessen eingeschlafen war, will ich denselben jetzt am Montagabend endlich nachholen. Es kann so schlimm nicht gewesen sein, denn sowohl die Reste vom Schweinebraten als auch vom Lamm-Lachs dienten heute meinem Buffet-Beitrag zur letzten Chorprobe vor der Sommerpause und waren gewissermaßen schnell vergriffen.

Kurz zu Nr. 1: Meine Begeisterung für Schweinefleisch hält sich zwar in Grenzen, aber die verständige Verkäuferin beim Händler meines Vertrauens hat mir die Sache tröstlich erklärt und so meine Kompromißbereitschaft befördert, sie meinte, es sei eine Frage von Generationen. Die wollen nichts mehr, das sie nicht kennen. Sie hatte noch mehr zu sagen, also man meine nicht, nicht auch an einer Fleischtheke überraschend angenehm aufgeklärt werden zu können.

Es gab also einen Schweinebraten, die ersten Bilder erklären von welcher Art. Zermahlener Pfeffer wurde mit einer Kräuterkruste bedeckt, aus Butter, etwas Senf und eben diversen Kräutern. Das Ganze wurde auf einem Bett aus Thymian und Zwiebeln im Ofen geschmort, natürlich auf Butterschmalz.



Nr. 2 Lamm-Lachs – kurz scharf mit Olivenöl angebraten und mit Rosmarin unter Folie moderat weitergegart (der Fond mit Rotwein abgelöscht und dazugegeben). Dazu geschmorte Mohrrüben.

Es war ein wunderbar windig sonniger Tag, fand ich jedenfalls. In den kommenden Tagen soll uns ja das Gehirn weggegrillt werden, wohl dem, der den Verlust nicht spüren muß.

nachgetragen am 17. Juni

Donnerstag, 13. Juni 2013

Wo der Wind sie hingetragen / Ja! das weiß kein Mensch zu sagen

Heinrich Hoffmann, aus "Die Gartenlaube", 1893

Tote nehmen in der Regel keine Vernunft mehr an. In Kinder dagegen setzt man üblicherweise noch Hoffnungen in diese Richtung (was allerdings voraussetzt, daß der Ermahnende selbst mit ihr, der Vernunft nämlich, hinreichend kontaminiert wurde, aber wir verlieren uns, und das schon zu Beginn dieses Beitrages).

Heinrich Hoffmann wurde am 13. Juni 1809 in Frankfurt am Main geboren, der Arzt und Literat ist eigentlich nur noch als Urheber des „Struwwelpeter“ ein Begriff, eines der erfolgreichsten deutschen Kinderbücher. Wir dachten, wir sollten zwischendurch etwas Erbauliches bringen.

Bekannt ist vermutlich die Geschichte der Entstehung des Buches, als Weihnachtsgeschenk für seinen dreijährigen Sohn Carl nämlich, weil er mit den Vorhandenen so unzufrieden war daß er lieber selbst eines verfertigte. Er konnte dafür Skizzen benutzen, mit denen er schwierige kleine Patienten beruhigt hatte. Denn vor allem war er Arzt. Er hat tatsächlich mindestens ebenso große Verdienste als Betreuer psychisch Kranker wie als literarischer Autor. In seinen Lebenserinnerungen findet sich der nicht gänzlich bescheidene Satz, es müsse vor allem so sein, daß der Eintritt des Arztes in eine Abteilung etwas vom Sonnenaufgang an sich habe.

Das Buch, das er eher widerstrebend veröffentlichte, war ein Überraschungserfolg; unter den Übersetzern findet sich ein Mark Twain, und neben zahlreichen Verehrern hatte er, allerdings vor allem nach seinem Tode, auch vielfältigste „Benutzer“ und Kritiker im Schlepptau. Insbesondere sein „autoritärer Erziehungsstil“ wurde ihm später vorgehalten und man setzte ihm einen „Antistruwwelpeter“ entgegen. Nun ja.

So wie man im 19. Jahrhundert die Grimmschen Märchen mehr und mehr zu „versittlichen“ suchte, stieß man sich ausgerechnet im 20. Jahrhundert bei Hoffmann an seiner angeblich sadistischen und repressiven Pädagogik. Es gibt Ehrenrettungsversuche, die an das Zeitgebundene gemahnen und betonen, daß auf Grund der schwierigen hygienischen Situation das Daumenlutschen etwa lebensgefährlich sein konnte. Oder daß Brandunfälle gerade bei Kindern damals häufig und besonders verheerend waren.

Als Tierschützer und Anti-Rassist hingegen kommt er erstaunlich modern daher, so daß er auch bei pc-geneigten Zeitgenossen eigentlich mehr Sympathie erfahren sollte. Stattdessen hat man sich lieber daran abgearbeitet, daß er das hyperaktive (Zappel-Philipp) oder das magersüchtige (Suppenkaspar) oder das epileptische Kind (Hans Guck-in-die-Luft) herabgesetzt habe. Ich verweise dazu lediglich auf meine Eingangsbemerkung über die Vernunft.

Vielleicht haben die Kritiker sich ja auch nur als das mißratene Kind in den Geschichten wiedererkannt und waren darüber verstimmt, daß ihnen Sitte und Moral vor die Nase gehalten wurden. Genug von diesen. Wir bringen nun 3 Stücke von ihm, den „Toleranz-Mohren“ und darauf folgend den „Hans Guck-in-die-Luft“ sowie den „fliegenden Robert“.

Wobei ich sagen muß, man spürt den Seelen-Arzt irgendwie, die Sachen haben einen erheblich größeren Tiefgang als ihnen angesicht der eingängigen Verse zugetraut wird. Die Gefahr, sich so sehr vom Wirklichen abzutrennen, daß man am Ende buchstäblich ins Wasser fällt – und vielleicht dabei noch gerettet wird – die Erkenntnis, daß die Sucht nach Abenteuern und Ungebundenheit einen auch ins Nichts davontragen kann, das ist neben anderem durchaus Nachdenk-Stoff für Erwachsene. Die Geschichten:

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Die Geschichte von den schwarzen Buben


Es ging spazieren vor dem Thor
Ein kohlpechrabenschwarzer Mohr.
Die Sonne schien ihm auf’s Gehirn,
Da nahm er seinen Sonnenschirm.
Da kam der Ludwig hergerannt,
Und trug ein Fähnchen in der Hand.
Der Kaspar kam mit schnellem Schritt,
Und brachte seine Bretzel mit;
Und auch der Wilhelm war nicht steif,
Und brachte seinen runden Reif.
Die schrien und lachten alle drei,
Als dort das Mohrchen ging vorbei,
Weil es so schwarz wie Tinte sei!


Da kam der große Nikolas
Mit seinem großen Tintenfaß.
Der sprach: Ihr Kinder, hört mir zu,
Und laßt den Mohren hübsch in Ruh!
Was kann denn dieser Mohr dafür,
Daß er so weiß nicht ist wie ihr? –
Die Buben aber folgten nicht,
Und lachten ihm ins Angesicht;
Und lachten ärger als zuvor
Ueber den armen schwarzen Mohr.


Der Niklas wurde bös und wild, –
Du siehst es hier auf diesem Bild!
Er packte gleich die Buben fest,
Beim Arm, beim Kopf, bei Rock und West’,
Den Wilhelm und den Ludewig,
Den Kaspar auch; der wehrte sich.
Er tunkt’ sie in die Tinte tief,
Wie auch der Kaspar: „Feuer!“ rief.
Bis über’n Kopf ins Tintenfaß
Tunkt sie der große Nikolas.


Du siehst sie hier, wie schwarz sie sind,
Viel schwärzer als das Mohrenkind!
Der Mohr voraus im Sonnenschein,
Die Tintenbuben hinterdrein;
Und hätten sie nicht so gelacht,
Hätt’ Niklas sie nicht schwarz gemacht.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Die Geschichte vom Hans Guck-in-die-Luft


Wenn der Hans zur Schule ging,
Stets sein Blick am Himmel hing.
Nach den Dächern, Wolken, Schwalben
Schaut er aufwärts, allenthalben:
Vor die eignen Füße dicht,
Ja, da sah der Bursche nicht,
Also daß ein jeder ruft:
„Seht den Hans Guck-in-die-Luft!“

Kam ein Hund dahergerannt;
Hänslein blickte unverwandt
In die Luft.
Niemand ruft:
„Hans! gib acht, der Hund ist nah!“
Was geschah?
Bauz! Perdauz! — da liegen zwei!
Hund und Hänschen nebenbei.


Einst ging er an Ufers Rand
Mit der Mappe in der Hand.
Nach dem blauen Himmel hoch
Sah er, wo die Schwalbe flog,
Also daß er kerzengrad
Immer mehr zum Flusse trat.
Und die Fischlein in der Reih’
Sind erstaunt sehr, alle drei.

Noch ein Schritt! und plumps! der Hans
Stürzt hinab kopfüber ganz! —
Die drei Fischlein, sehr erschreckt,
Haben sich sogleich versteckt.


Doch zum Glück da kommen zwei
Männer aus der Näh’ herbei,
Und sie haben ihn mit Stangen
Aus dem Wasser aufgefangen.

Seht! Nun steht er triefend naß!
Ei! das ist ein schlechter Spaß!
Wasser läuft dem armen Wicht
Aus den Haaren ins Gesicht,
Aus den Kleidern, von den Armen;
Und es friert ihn zum Erbarmen.

Doch die Fischlein alle drei,
Schwimmen hurtig gleich herbei;
Strecken’s Köpflein aus der Flut,
Lachen, daß man’s hören tut,
Lachen fort noch lange Zeit;
Und die Mappe schwimmt schon weit.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Die Geschichte vom fliegenden Robert


Wenn der Regen niederbraust,
Wenn der Sturm das Feld durchsaust,
Bleiben Mädchen oder Buben
Hübsch daheim in ihren Stuben. —
Robert aber dachte: „Nein!
Das muß draußen herrlich sein!“ —
Und im Felde patschet er
Mit dem Regenschirm umher.

Hui, wie pfeift der Sturm und keucht,
Daß der Baum sich niederbeugt!
Seht! den Schirm erfaßt der Wind,
Und der Robert fliegt geschwind
Durch die Luft so hoch, so weit;
Niemand hört ihn, wenn er schreit.
An die Wolken stößt er schon,
Und der Hut fliegt auch davon.

Schirm und Robert fliegen dort
Durch die Wolken immerfort.
Und der Hut fliegt weit voran,
Stößt zuletzt am Himmel an.
Wo der Wind sie hingetragen,
Ja! das weiß kein Mensch zu sagen.

beendet am 14. Juni

Mittwoch, 12. Juni 2013

Etwas Frühling


Ich suchte nach einigen Versen, die diese gegenwärtigen Frühlingseindrücke von hier würden „bebildern“ können - die ersten Rosen; ein heftig von Insekten belagerter Busch, der wie ein Bienenkorb brummt und summt etc. - und fand diese, obwohl sie vielleicht gar keine Frühlingsgedichte sind, aber wann hätte sich echte Dichtung auch je einem Stichwort unterordnen lassen.


Detlev Freiherr von Liliencron

Märztag

Wolkenschatten fliehen über Felder,
Blau umdunstet stehen ferne Wälder.

Kraniche, die hoch die Luft durchpflügen,
Kommen schreiend an in Wanderzügen.

Lerchen steigen schon in lauten Schwärmen,
Überall ein erstes Frühlingslärmen.

Lustig flattern, Mädchen, deine Bänder;
Kurzes Glück träumt durch die weiten Länder.

Kurzes Glück schwamm mit den Wolkenmassen,
Wollt es halten, mußt es schwimmen lassen.


Theodor Storm

April

Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum -
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.


Max Dauthendey

Drinnen im Strauß

Der Abendhimmel leuchtet wie ein Blumenstrauß,
Wie rosige Wicken und rosa Klee sehen die Wolken aus.
Den Strauß umschließen die grünen Bäume und Wiesen,
Und leicht schwebt über der goldenen Helle
Des Mondes Sichel wie eine silberne Libelle.
Die Menschen aber gehen versunken tief drinnen im Strauß,
Wie die Käfer trunken und finden nicht mehr heraus.


Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff

Frische Fahrt

Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mut’ger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von Euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!



Oskar Loerke

Gartengewitter

Nach dem Monde greift ein Spuk,
Und er flieht gekrümmt.
Schwüler, träger Quell entspringt
Rings im Laub und fließt.

Durch die Kiefernwipfel huscht
Feuermähn ins Gras.
Aus dem grünen Schrecken glühn
Säulen wilden Weins.

Und sie schnellen wie zum Dienst
In den Regendom,
Das Gewölbe kracht und birst,
Doch sie tragen wohl.

Dann webt volle Finsternis.
Nur, wo Straßen sind.
Flickt das Dunkel dort und hier
Eine goldne Naht.



nachgetragen am 14. Juni

Sonntag, 9. Juni 2013

Sonntag &




Auf den Bildern dort oben sieht man die Kirche von Feldberg, ein landschaftlich äußerst angenehm und reizvoll gelegenes Nest im südöstlichen Mecklenburg. Die mehr oder weniger neoromanische Kirche ist ab 1872 neu erbaut worden, der Vorgängerbau brannte bei einem Dankgottesdienst anläßlich der Einnahme Straßburgs im Deutsch-Französischen Krieg ab, merkwürdige Geschichte.

Es folgen einige Aufnahmen vom Inneren, einschließlich des Altarbildes „Christus mit der Dornenkrone“ vom Neustrelitzer Kunstprofessor Kannengießer, bei dem mir allerdings nicht recht etwas Wohlwollendes einfallen will. Und am Ende sieht man, wie sich die Kirche langsam füllt, um einem Gottesdienst samt Gospelchor beizuwohnen. Wie früher einmal erwähnt, bin ich ursprünglich aus einer Laune heraus besagtem Chor beigetreten, und nun stecke ich halt da drin. Das ist, wie unschwer zu erahnen, der Anlaß für diese Bilder.






Bekanntlich habe ich vor längerer Zeit hier die Übung eingeführt, von unserem jeweiligen Sonntagsessen zu berichten. Das ist nicht eben originell, ich weiß, aber es sollte einen Kontrast zu den übrigen „schweren“ Themen bilden und vor allem etwas unterhaltsam erscheinen. Nun habe ich derzeit ein wenig Probleme, unterhaltsam zu sein. Hinzu kommt, daß mich die Nachrichten von der Elbe eher mißmutig gestimmt haben. Um konkreter zu werden, ich war spätestens seit Sonnabend sehr in Sorge um die Familie des Herrn Roloff, der an diesem Ort schon oft aufgetaucht ist. Die Befürchtungen haben sich bestätigt, zwischen den Bücherregalen des Herrn Roloff tummeln sich derzeit die trüben Fluten der Elbe.

Daher war mein Enthusiasmus, von Schweinefilets zu berichten, verständlicherweise gebremst. Es sei dennoch kurz nachgeholt. Es waren also Filets vom Schwein, scharf angebraten mit viererlei Pfeffer (erst geröstet und dann im Mörser zerstoßen), die kamen danach in eine später abgedeckte Auflaufform, zusammen mit frischem Thymian, vorher wurde aber noch der Bratensud mit Rotwein abgelöscht und hinzu getan. Das Ganze hat dann im Ofen eine halbe Stunde nachgegart.

Dazu Spargel mit der üblichen Soße (aus Eigelb, Sahne, Muskat etc.). Zu meiner Verblüffung blieb selbst meine ach so skeptische Frau Mutter sehr auf die Bratensoße fixiert. Warum auch nicht. Außerdem war es ein angenehm sonniger Tag (daher erwies es sich nebenbei bemerkt auch als eher schwierig, vernünftige Bilder zustande zu bekommen), so daß man endlich einmal draußen essen konnte. Nun, immerhin das.





nachgetragen am 11. Juni