Mittwoch, 12. Juni 2013

Etwas Frühling


Ich suchte nach einigen Versen, die diese gegenwärtigen Frühlingseindrücke von hier würden „bebildern“ können - die ersten Rosen; ein heftig von Insekten belagerter Busch, der wie ein Bienenkorb brummt und summt etc. - und fand diese, obwohl sie vielleicht gar keine Frühlingsgedichte sind, aber wann hätte sich echte Dichtung auch je einem Stichwort unterordnen lassen.


Detlev Freiherr von Liliencron

Märztag

Wolkenschatten fliehen über Felder,
Blau umdunstet stehen ferne Wälder.

Kraniche, die hoch die Luft durchpflügen,
Kommen schreiend an in Wanderzügen.

Lerchen steigen schon in lauten Schwärmen,
Überall ein erstes Frühlingslärmen.

Lustig flattern, Mädchen, deine Bänder;
Kurzes Glück träumt durch die weiten Länder.

Kurzes Glück schwamm mit den Wolkenmassen,
Wollt es halten, mußt es schwimmen lassen.


Theodor Storm

April

Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum -
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.


Max Dauthendey

Drinnen im Strauß

Der Abendhimmel leuchtet wie ein Blumenstrauß,
Wie rosige Wicken und rosa Klee sehen die Wolken aus.
Den Strauß umschließen die grünen Bäume und Wiesen,
Und leicht schwebt über der goldenen Helle
Des Mondes Sichel wie eine silberne Libelle.
Die Menschen aber gehen versunken tief drinnen im Strauß,
Wie die Käfer trunken und finden nicht mehr heraus.


Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff

Frische Fahrt

Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mut’ger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von Euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!



Oskar Loerke

Gartengewitter

Nach dem Monde greift ein Spuk,
Und er flieht gekrümmt.
Schwüler, träger Quell entspringt
Rings im Laub und fließt.

Durch die Kiefernwipfel huscht
Feuermähn ins Gras.
Aus dem grünen Schrecken glühn
Säulen wilden Weins.

Und sie schnellen wie zum Dienst
In den Regendom,
Das Gewölbe kracht und birst,
Doch sie tragen wohl.

Dann webt volle Finsternis.
Nur, wo Straßen sind.
Flickt das Dunkel dort und hier
Eine goldne Naht.



nachgetragen am 14. Juni

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