Donnerstag, 31. Mai 2012

Über das Befriedende der Literatur


Port-Royal des Champs

Ich habe die Begeisterung für Ludwig XIV. nie nachvollziehen können, in meinen Augen war er eine Canaille. Warum? Oh, man vertiefe sich nur einmal in die Details des Pfälzischen Erbfolgekriegs (Stichwort Ezéchiel de Mélac). Glanz, dem das moralische Fundament ermangelt, ist eben doch eher hohl, vermutlich mußte er auch deshalb das Kloster Port Royal zerstören. Das ihm im Wege stehende Heilige Römische Reich, bekämpfte er übrigens mit Vorliebe dann, wenn die Habsburger durch den Abwehrkampf gegen die Türken gebunden waren. Das nennt man wohl Pragmatismus. Ich konzediere, er war begabt, ein großer Förderer und Anreger der Künste, aber im Kern eine durchaus zwiespältige Erscheinung.

Wie ich überhaupt darauf komme, nun am 31. Mai 1689 zündeten französische Soldaten den Dom zu Speyer an, nachdem sie zuvor die dortigen Kaisergräber geplündert hatten etc. etc. Aber dann brach ich gestern an dieser Stelle ab - welchen Sinn hat es, alten Groll emporzuwühlen - und las wieder einmal in den Briefen der Liselotte von der Pfalz (Herzogin von Orléans, Schwägerin Ludwig XIV., Mutter des Regenten), in deren Namen diese Untaten an ihrem Heimatland zu ihrem großen Schmerz schließlich begangen wurden. Diese Lektüre hatte auf mich schon immer eine herzerwärmend - pazifierende Wirkung. Und darum will ich sie erneut (man sehe hier und hier) einfach mit ein paar Zitaten in Erinnerung rufen:


Port-Royal des Champs, heute

„Aber das natürliche sprechen mag wohl nicht so gar reguliert in der politesse sein, ist aber viel nobler und expressiver und mehr, wie man denkt, also gar gewiß besser.“

„Ich lebe hier lieber allein und habe mich deromaßen an dies leben gewohnt, daß mir die zeit kein augenblick lang darbey fällt. I lese bald französisch, bald teutsch, ich schreibe, ich spiele mit meine hündgen, ich sehe kupferstück … finde also immer was zu tun; gibt es mir keine freude, so betrübts mich auch nicht und macht doch ein ruhiges leben, welches doch auf die lenge am besten ist, denn alles ander wird man leicht müde. Ich bin wohl des alten herzogs von Lothringen meinung, daß, wer sein glück nicht in sich selber finden kann, wird es unnötiger weis anderst wo zu suchen sein.“

„Wenn ich allemal die stirn runzeln wollte, wenn ich hier sehe was mir nicht gefellt, so würde ich fingersdicke runzelen jetzt haben; was das lachen betrifft, so muß es noch ein rest von dem lachen von meiner jugend sein, denn nun lach ich selten.“

„P.S. In diesem augenblick erfahre ich,  daß mad de Maintenon beste freundin, die Monchevreuil gestorben ist. Nun ist ein bös weib weniger in der welt; Gott bekehre alle, so es noch sein und nehme sie in sein paradeys. amen.“

„In allen predigten macht man dem König complimenten, die armen reformierten verfolgt zu haben, meint also, es were was gar großes und schönes... Es ist in der tat zu bejammern, daß man ihm in seiner jugend nicht recht gelernt, was eygentlich die religion ist und wie sie mehr instituiert ist, die einigkeit unter den menschen zu unterhalten, als daß sie einander plagen und verfolgen sollen.“

„... denn es mir all mein leben leyd gewesen, ein weibsmensch zu sein, und kurfürst zu sein, were mir, die wahrheit zu sagen, besser angestanden, als Madame zu sein; aber weilen es gottes willen nicht gewesen, ist es ohnnötig, dran zu gedenken.“

„Das 3tagige fieber hat mich verlassen, ich glaube, ich habe mich mit kirschenessen couriert, denn man mir die kirschen verboten, man brachte mir aber von St. Cloud ein korb voll schöner kirschen, die habe ich heimblich gefressen und seyderdem das fieber nicht wieder bekommen.“


Port-Royal des Champs, heute

„Ich fragte einstmals an herr Salmond, wie es käme, daß in der heyligen schrift stehet, daß die menschen nach Gottes ebenbild geschaffen sein und die menschen doch so gar unperfect weren. Er antwortete, daß Gott den menschen perfect geschaffen hätte, aber daß er die perfection in seinem fall verloren hätte. Ich sagte, weil der Mensch denn so perfect war, wie hat er fehlen und fallen können. Herr Salmond sagte: das ist durch anstiftung des satans geschehen Ich sagte: dem teufel glauben war doch keine perfection. Da sagte er nur: solche sachen muß man nicht zu weit nachgrübelen; dabey bliebe es.“

„Ich schenkte gestern mad. de Chasteautier einen schönen papagei, der blaudert unerhört. Ich wollte hören, was er sagen kann, ließ ihn in meine kammer, meine hunde wurden jalous [eifersüchtig], und eine, so Mione heißt, wollte ihn anbellen; der papagei sagte als 'donne la patte' [Gib Pfötchen!]; ich wollte, daß E.L. hetten sehen können, wie verwundert Mione war, den vogel sprechen zu hören: sie hörte auf zu bellen, sahe ihn stark an, hernach mich; wie er fortfuhr zu reden, erschrack die Mione wie ein mensch, lief davon und versteckte sich unter das lotterbett, da fing der papagei überlaut an zu lachen. Das machte mich an herr Leibniz gedenken, daß E.L. sagen, daß er souteniert [unterstützt], daß die tiere verstand haben, keine machine seien, wie es Descartes hat behaupten wollen, und ihre seelen unsterblich sein. In jener welt werde ich mich sehr erfreuen, nicht allein verwandte und gute freunde wieder finden zu können, sondern auch alle meine tierger, aber were wohl attrapiert [ertappt / überrascht], wenns bedeuten sollte, daß meine seele so sterblich als die ihrige werden sollte und daß wir allzusammen nichts mehr sein sollten, will lieber das andere glauben, denn es ist viel tröstlicher.“
nachgetragen am 1. Juni

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