Donnerstag, 15. Juli 2010

Über Kreuzzüge & eine ferne Schlacht



Wappen des Hochmeisters des Deutschen Ordens
hier gefunden

Ein merkwürdiges Datum: 1099 wurde Jerusalem von einem halbverhungerten Kreuzfahrerheer erobert, 1683 hatte gerade die 2. Belagerung Wiens durch ein osmanisches Heer begonnen und vor genau 600 Jahren fand die erste Schlacht bei Tannenberg statt.

Der Deutsche Orden ist ein Kind der Kreuzzüge, insofern haben alle 3 Daten eine innere Verbindung. Und der Eroberungsversuch Wiens durch die Türken schien mir nicht zuletzt deshalb erwähnenswert, weil seit der Aufklärung gern das Märchen von den Kreuzzüglern aufgeboten wird, die gegen den ach so friedlichen und kulturvollen Islam zu Felde zogen und dadurch Frieden und Harmonie im Vorderen Orient vernichteten. Man vergißt dabei daß inzwischen in Jerusalem die für die Christenheit so zentrale Grabeskirche nahezu zerstört worden war, Wallfahrten in das Heilige Land seit etwa 1070 unterbunden waren und Kaiser Alexios I. Komnenos tatsächlich um Hilfe gegen die muslimischen Seldschuken gebeten hatte, die schwer gegen das christliche Byzanz anrannten.

Aber wir sollten uns wohl eher dieser großen Schlacht widmen, die da vor 600 Jahren zwischen dem Deutschem Orden sowie dem Königreich Polen und seinem Verbündeten Litauen stattfand und in deren Folge der Ordensstaat seinen Abstieg begann. Im polnischen Nationalmythos spielt sie eine große Rolle, aber als nationale Auseinandersetzung ist sie sicher damals nicht gesehen worden. Interessant ist etwas anderes, der Orden hatte ein hohes militärisches und spirituelles Ansehen und galt als unter dem besonderen Schutz Mariens stehend. Gerade war aber auch Litauen christlich geworden, und nun war dem Orden sozusagen sein Auftrag abhanden gekommen, der Kampf gegen die Heiden, er war jetzt ein Machtakteur unter anderen christlichen Mächten. Und mit der verlorenen Schlacht büßte er erheblich von seinem Nimbus ein.

Zwei Ritterorden haben nach dem Verlust des Heiligen Landes Staaten begründet, die Johanniter in geringerem Umfang und der Deutsche Ordens im späteren Preußen und im damals Livland genannten Gebiet, nachdem Herzogs Konrad von Masowien um 1225 den Orden um Hilfe gegen die heidnischen Pruzzen gebeten hatte. Der Orden hat ein bemerkenswertes Aufbauwerk geleistet, leider sind viele der beeindruckenden Zeugnisse dessen, wie Burgen und Kirchen, seit dem letzten Weltkrieg und danach vom Erdboden wieder getilgt.

Sein Staatswesen galt als mustergültig, aber nun war es zum Anachronismus geworden. Der Orden hatte die alleinige Herrschaft im Land, was Städte und Stände irgendwann nicht mehr hinnehmen mochten, die Legitimation dessen war wie gesagt inzwischen geschwunden. Da die Ordensritter ehelos blieben, mußte sich der Orden stets neu von auswärts ergänzen, was schwieriger wurde, aus gleichem Grund. Überhaupt gab es auf Grund des besonderen Herrschaftsverhältnisses immer eine gewisse Spannung zwischen dem Land und dem Orden.

Das jetzt erstarkende Polen-Litauen wurde Profiteur des Dilemmas und der Ordensstaat würde in diesem Jahrhundert nur noch ein Schatten seiner selbst werden, bis sich aus ihm irgendwann in ferner Zeit das mächtige Preußen bilden würde und die Dinge sich wieder vollständig umkehren.

Merkwürdig mutet es mitunter an, dieses Auf und Ab der Geschichte, als hätte jemand ein Drama geschrieben und dabei etwas zu viel Handlung hineingestopft.

4 Kommentare:

naturgesetz hat gesagt…

On my first or second return to Rothenburg/T after the encounter in 1984, I drove from Würzburg to Rothenburg via the Romantic Road. I stopped once to take a look at Tauber Bischofsheim, and again to visit the Palace of the Teutonic Knights in Bad Mergentheim. Apparently that was the residence of the last Grand Masters of the southern branch, which survived until Napoleon dissolved it. It was certainly a fascinating hour or so I spent there, even though, with my limited German, I didn't understand all the captions on the exhibits.

If I'm not mistaken, the Teutonic Knights are the force Nevsky fights in the climactic battle of Sergei Eisenstein's film "Alexander Nevsky."

In the United States very little history of central and eastern Europe is taught. The usual high school or college survey course goes from ancient Egypt, Greece, and Rome to England, with a few generalities about the middle ages and the crusades. There might also be a bit about the siege of Vienna. But basically France is important as England's opponent, Spain and Portugal appear on the scene with Columbus, and nothing happens east of the Rhine until Napoleon invades (except for Martin Luther). I exaggerate a bit of course, but I don't think I remembered any reference to the Battle of White Mountain until I was in Czechoslovakia in 1980 on my first tour to Europe; and nothing of the Thirty Years War until I got to know Rothenburg. There was the Peace of Westphalia and "cujus regio, ejus religio," but the preceding war was certainly not given any detail.

Maybe it is one thing that has made my travels in Germany and elsewhere in Europe so fascinating: everywhere I visit, I'm learning more history.

MartininBroda hat gesagt…

Well John - and thanks for your large comment and that you have taken the trouble to read my German post - I think this is somehow heritage of the British Empire, they thought there was a line from the Roman to the British Empire, the ignorance of the Late presumably, since for many centuries the Holy Roman Empire was the natural centre of Europe. You’re right with Eisenstein and indeed after the secularization of the religious state of Prussia from Bad Mergentheim was ruled what remains. The order is still alive btw, but more as a shadow I would say. I’m glad your travels in Germany were fascinating because a lot of Germans have forgotten their impressive history and tradition of more than thousand years already, but that’s another story.

Mr. Urs hat gesagt…

Wohl die unbedeutendste Frage: dürfen die Ordensritter immer noch keinen Nachwuchs zeugen?

MartininBroda hat gesagt…

@ Urs Wie unhöflich von mir, die Antwort vorzuenthalten. Es gibt zwar noch den Orden in einer Schrumpfform, aber keine Ritter mehr, es ist heute ein rein geistlicher Orden regulierter Chorherren, also von Priestern, womit sich die Frage derzeit erledigt hat.