Mittwoch, 16. Dezember 2009

Über geliebte Gelehrte - Wilhelm Grimm


Elisabeth Maria Anna Jerichau-Baumann
Jacob und Wilhelm (links) Grimm, 1855
hier gefunden

„Am 16ten des vorigen Monats starb Wilhelm Grimm, Mitglied der Akademie, der als deutscher Sprachforscher und Sammler deutscher Sagen und Dichtungen einen Namen hellen Klangs hat. Das deutsche Volk ist gewohnt, ihn mit seinem älteren Bruder Jacob Grimm zusammen zu denken und zu nennen. Wenige Männer umfaßt es mit so allgemeiner Liebe und Verehrung als die Gebrüder Grimm, die es ein halbes Jahrhundert hindurch in einem Streben und in gemeinsamer Arbeit gekannt hat.“

Die Preußische Akademie der Wissenschaften annoncierte dies im Januar 1860 nach dem Hinscheiden von Wilhelm Carl Grimm, dem jüngeren, und vom Charakter her wohl auch verträglicheren der „Gebrüder Grimm“ am 16. Dezember 1859, vor 150 Jahren also. Und im Grunde ist dem kaum etwas hinzuzufügen. Es ist verrückt, aber es gibt Namen, wo einem als Deutscher das Herz so aufgeht, daß man vermutlich ziemlich einfältig froh grinsend dreinschaut, Wilhelm Grimm ist ein solcher Name.

Die „Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm“, das ist wie Luthers Bibelübersetzung oder der Kyffhäuser oder die Lorelei. Und das wirkliche Eigentümliche ist, wenn man sich etwa Märchen wie „Von dem Machandelbaum“ (English translation) oder die „Die Sterntaler“ (English translation) anschaut, das ist nicht naiv oder heimelig, das ist mindestens so seltsam und wahr wie das Leben selbst.

Neben den Kinder- und Hausmärchen hat er mit seinem Bruder auch deutsche Sagen gesammelt und irische Elfenmärchen übersetzt (hier zu finden), aber die ersteren haben sich doch am tiefsten in das deutsche Gemüt eingesenkt. Es ist vielleicht nicht übertrieben zu sagen, dies ist Literatur, in der das deutsche Volk seinen Charakter wiedergefunden hat.

Und was noch faszinierender ist, beide haben damit in der Breite das erreicht, was sie sich als Gelehrte ebenso zum Ziel gesetzt hatten, das Bewußtsein vom Wert des deutschen Altertums und der deutschen Sprache wieder aufzurichten, und wie schon mein Titel andeutet: Es ist eher selten, daß ein Wissenschaftler für seine Arbeit mit allgemeiner Zuneigung belohnt wird, bei den Brüdern Grimm ist es so.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Vielleicht ist das frühe Erleben der Göttinger Sieben den Gebrüdern Grimm ein deutlicher Hinweis gewesen, Eigenes auf einer zum Politischen alternativen Ebene anzubieten. Die Wissenschaftlichkeit ihrer Arbeit ist ja zudem nicht explizit dem Publikum gegenber herausgearbeitet, sondern "ergibt sich" quasi dem Leser bzw. dem Zuhörer. Wissenschaft kann also durchaus populär angelegt sein und nicht schulmeisterlich, wohl aber meisterhaft wirken.