Sonntag, 9. August 2009

Hesse und eine nachmittägliche Spazierfahrt







Ich bin ein verdorbener Mensch, da lese ich auf der Website des verehrten Prof. Aue: „Ich soll mit den blöden Witzen aufhören und lieber unanständige Bilder zeigen?“ Und denke dann, was genau wäre jetzt an diesen Bildern unanständig, aber „un“ stand da gar nicht, offenkundig befindet sich mein Geist im Prozeß der Zersetzung.



Ich gestehe, heute wollte ich ursprünglich nur ein paar Bilder von meiner Spazierfahrt am See entlang anbringen, eigentlich wollte ich das Burgfest auf der Burg Stargard besuchen, dachte dann aber, daß eine fettige Bratwurst auch nicht besser wird, wenn sie im „historischen“ Kostüm verkauft wird.

Nun, warum lande ich auf der oben genannten Website – Hesse. Beschämt stellte ich nach meiner Rückkehr fest, der starb heute, genauer, am 9. August 1962. Ebendarum war ich auf den Seiten Prof. Aues zu Besuch, da ich wußte, daß er eine Übersetzung des Gedichtes „Stufen“ verfaßt hatte, hier kann man sie finden, und da er meist sehr launige Kommentare und viel geschmacksbildendes Material beisteuert, sei ein Besuch wirklich dringend empfohlen:

Hermann Hesse

Stufen


Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Es dürfte eines seiner bekanntesten Gedichte sein und wird gern zur Lebensermutigung gebraucht, auch wenn das mit Blick auf den Autor nicht ganz aufgeht. Ich weiß, Prof. Aue ist diese Skepsis nicht fremd, übersetzt hat er es trotzdem.

Übrigens habe ich jetzt soviel Anregungen für "traurige" klassische Musik sammeln können, daß es mindestens noch eine Fortsetzung davon geben wird.

Da ich rechtschaffen müde bin, verzichte ich auf eine langatmige Beschreibung des Nachmittags & Abends, nur soviel, es war heute schwer, menschenleere Bilder zu photographieren, die ich nun einmal vorziehe.



Ich mußte dazu schon tief in den Wald gehen.



Und dann hatte ich doch ein kurioses Erlebnis, zwischendurch in bewohnten Gegenden, stieß ich auf eine rote Fahne und dachte, ganz typisch für diesen Ort.



Näher herantretend stellte ich aber fest, es war die Fahne Danzigs, des Geburtsorts meiner Frau Mutter im heutigen Polen, schon kurios.



Da es inzwischen Montag geworden ist, kommt gerade die Losung des Tages hereingeschneit und da es eine besonders bemerkenswerte ist, will ich sie nicht vorenthalten:

„Aus Zion bricht an der schöne Glanz Gottes. Unser Gott kommt und schweiget nicht.“
Psalm 50,2-3

4 Kommentare:

MartininBroda hat gesagt…

Hesse and an afternoon trip
translation

I am an impure person (not in a physical sense), reading on the website of our dear Professor Aue: „I should stop with dumb jokes and rather show indecent pictures?“ And I wondered, what should be indecently at these pictures, but there was no „in“, obviously my spirit is in the process of the decomposition.

I have to confess, originally I wanted today only present a few pictures from my walking trip along the lake, actually I wanted I to visit the castle celebrations on Castle Stargard, but then I thought that a greasy fried sausage becomes not better if sold in „historical“ costumes.

Well, why I landed on the above-named website? - Hesse. Shame over me, when I returned I see he died today, more exactly, on August 9th 1962. Therefore I was visiting the sites of Professor Aue, since I knew he had written a translation of the poem „stages“, here you can find it (http://myweb.dal.ca/waue/Trans/Hesse-Stufen.html), and since he usually contributes very witty comments and material that give you a sense of education I really recommend a visit there.

It’s surely one of his most well-known poems and is often used for life encouragement, even, if we look at the author, there are remaining some questions. I know, Professor Aue shares this scepticism, but he did translate nevertheless.

By the way I could collect now as many suggestions for “sad” classical music that it will give at least still another continuation.

Since I am honestly tired, I will abstain from long-winded descriptions of the afternoon & evening, just this, today it was hard to photograph deserted pictures which I prefer however.

I had to go deeply into the forest. But nevertheless I had a strange experience; occasionally in inhabited areas I discovered a red flag and thought, completely typically for this place.

More coming closer I could see it was actually the flag of the city of Danzig the place of birth of my mother, today in Poland.

Since we have Monday right now, the biblical quote of the day comes to me and since it is a particularly remarkable one, I want not to withhold it:

„ Out of Zion, the perfection of beauty, God hath shined.
Our God shall come, and shall not keep silence.”
Psalm 50,2-3

Mr. Urs hat gesagt…

Ich weiss nicht recht, woher das kommt, aber oft wenn ich deine Beiträge lese, bekomme ich Lust etwas von Frank Zappa aufzulegen. Was ich zu wenig tue und darum aus meiner Sicht eine gute Sache ist.

Pilgrim hat gesagt…

Danzig? In my Altlas I looked for it, then googled it, the name is Gdansk! Think of your younger, post GDR born readers. Propz Pilgrim née en1990

MartininBroda hat gesagt…

@Pilgrim Funny thing is, the officials in the GDR would have liked your objection, one have to say “Gdansk”. Fact is, it was a German town from the beginning until 1945. But I don’t want to treat history here, because even if it would have always been a Polish town, you could say “Danzig”. Nobody says “Warszawa” in Germany but “Warschau”, nobody says “Milano” but “Mailand”, in German you say “Lissabon” not “Lisboa”, it’s not unusual to give foreign cities own names I guess.